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Vincent von Scheidt im Alter von 5 Jahren / Bambini 2001 unter Trainer Sando Crisafulli


Über 2000 Jahre Fussball

 

Aus der bunten Geschichte eines faszinierenden Spiels

 

Der nachstehende Artikel erschien ursprünglich 1979 in den FIFA News. Autor

war der damalige Pressechef des Deutschen Fussball-Bundes, Dr. Wilfried

Gerhardt.

 

Gut 100 Jahre umfasst die eigentliche, moderne Geschichte des Fussballsports. Sie begann mit dem Jahre 1863, in dem sich in England die Wege des RugbyFootball und des Association Football voneinander trennten und der älteste Fussball Verband der Welt, die Football Association, gegründet wurde.

 

Beide Spielformen gingen auf die gleiche Wurzel zurück, und für beide gibt es eine lange und weitverzweigte Ahnentafel. Diese Vorgeschichte kennt mindestens ein halbes Dutzend verschiedener, in manchen Aspekten mehr oder minder ähnliche Spiele, auf die man den Fussball in seiner historischen Entwicklung zurückführen kann und zurückgeführt hat. Mit welcher Berechtigung, mag im Einzelfall umstritten sein. Zwei Dinge aber stehen fest: Der Ball wurde schon vor Jahrtausenden mit dem Fuss gespielt, und es gibt keinen Anlass, die Ballbehandlung mit dem Fuss als eine entartete Nebenform der “natürlicheren” Ballspiele mit der Hand anzusehen.

 

Ganz im Gegenteil: Abgesehen von dem Bedürfnis, in einem oft regellosen Getümmel mit hartem Körpereinsatz – und dabei auch mit Beinen und Füssen – um den Ball zu kämpfen, galt es offenbar schon sehr früh als besonders schwierig und damit als besonderes Geschick erfordernd, den Ball mit dem Fuss zu beherrschen. Die früheste Form, die als wissenschaftlich sicher nachgewiesen gelten kann, stellt eine solche Geschicklichkeitsübung dar. Sie geht in das China des 3. und z. Jahrhunderts vor der Zeitrechnung zurück. Aus der Zeit der HanDynastie ist ein Lehrbuch zur militärischen Ausbildung erhalten, in dem bei den körperlichen Übungen das “Ts‘uh Küh” vorkommt. Eine mit Federn und Haaren gefüllte Lederkugel musste mit dem Fuss in ein an langen Bambusstangen befestigtes kleines Netz mit etwa 30 bis 40 cm Öffnung gestossen werden, ein Kunststück, das sicherlich sehr viel Geschicklichkeit und gute Technik verlangte. Daneben existiert eine andere Version, bei der die

 

Spieler nicht ungestört das Ziel anvisieren konnten, sondern den Ball mit Füssen, Brust, Rücken, Schultern – nur nicht mit der Hand – zu spielen und sich gegen Angriffe eines Gegners zu behaupten hatten. Die kunstvolle Balltechnik der heuti-gen Spitzenspieler ist also gar nicht so neu, wie oftmals angenommen wird.

 

Aus dem Fernen Osten stammt auch eine andere Form, das japanische Kemari, von dem etwa 500 bis 600 Jahre später erstmals berichtet wurde und das auch heute noch gepflegt wird. Es ist ein KreisFussballspiel, viel weniger spektakulär, dafür feierlicher, würdevoller, eine zeremonielle Übung, die zwar Geschicklichkeit ver-langt, aber sicher keinen Wettkampfcharakter wie das chinesische Spiel und schon gar nicht die Art eines Kampfes um den Ball hat. Auf relativ kleinem Raum spielen die Akteure einander den Ball zu, ohne dass er den Boden berühren soll.

 

Viel lebhafter ging es beim griechischen “Episkyros”, von dem relativ wenig überliefert ist, und beim römischen “Harpastum” zu. Bei den Römern war der Ball kleiner, zwei Mannschaften spielten auf einem rechteckigen Feld gegeneinander, das durch Grundlinien abgegrenzt und durch eine Mittellinie halbiert war. Der Ball musste hinter die Grundlinie des Gegners befördert werden. Es wurde zugespielt, getäuscht, die Mitglieder einer Mannschaft hatten schon verschiedene taktische Auf-gaben, und das Publikum nahm lautstarken Anteil an ihren Leistungen und am Ergebnis. Der Fuss spielte, wenn überhaupt, nur eine geringe Rolle. 700 oder 800 Jahre lang blieb dieses Spiel sehr beliebt. Die Römer brachten es auch nach Britan-nien mit, aber ob es als wesentlicher Vorläufersballs angesehen werden kann, bleibt zweifelhaft – ebenso wie beim ”Hurling”, das unter der keltischen Bevölkerung populär war und auch heute noch – in Cornwall und in Irland betrieben wird. Einflüsse mag es gegeben haben. Aber auf jeden Fall fand die entscheidende Entwicklung des Spiels, das wir heute als Fussball kennen, in England und in Schottland statt.

 

Das Spiel, das in den verschiedensten örtlichen und regionalen Ausprägungen vom B. bis zum 19. Jahrhundert auf der britischen Insel blühte und dann seine Verfeinerungen zum uns vertrauten Fussball – und in anderer Richtung zum RugbyFussball – erfuhr, unterschied sich im Charakter doch sehr erheblich von allen vorher bekannten Formen. Es war ungeregelter, gewaltsamer, spontaner und kannte meistens auch keine Begrenzung in der Spielerzahl. Oft ging es zwischen ganzen Dörfern und kleinen Städten heiss her – über Strassen, Plätze, querfeldein, durch Hecken, Zäune und Wasserläufe. Treten war – wie auch sonst fast alles – erlaubt, aber es gab dabei sicher Spiele, in denen der Gebrauch des Fusses schon wegen der Grösse und des Gewichts des Balles, um den es ging, als Mittel zur Beförderung nicht in Frage kam – eher schon als Mittel, den Gegner zu stoppen. (Übrigens wurden die Grösse und das Gewicht des Balles auch nach der ersten wirklichen Festlegung der Fussballregeln 1863 erst neun Jahre später endgültig standardisiert. Bis dahin einigte man sich bei einem Wettspielabschluss von Fall zu Fall, so etwa bei einem Spiel zwischen London und Sheffield im Jahre 1866, einem Anlass, in dessen Zusammenhang auch die erste festgelegte Spielzeit von eineinhalb Stunden auftauchte.)

 

In die Kategorie des ”Massenfussballs” ohne Begrenzung der Spielerzahl und oh allzu kleinlich festgelegte Regeln – nach einem alten Handbuch aus Workington England waren alle Mittel erlaubt, um den Ball zum Ziel zu bringen, ausser Mc und Totschlag – gehört z.B. der ”ShrovetideFussball”, wie er selbst heute noch Fastnachtsdienstag in einigen traditionellen Zentren, etwa in Ashbourne in Derl shire, gepflegt wird, wenn auch weniger wüst und ohne die erheblichen Verlu zahlen, die es in früheren Jahrhunderten gegeben haben muss.

 

Dieses Spiel soll angelsächsischen Ursprungs sein. über das erste Auftreten gibt verschiedene Legenden. In KingstononThames etwa oder ähnlich auch in Ches wird überliefert, dass man beim allerersten Mal mit einem abgetrennten Kopf eil geschlagenen Dänenfùrsten spielte, der im Triumphzug durch die Strassen getriet wurde. In Derby dagegen suchte man den Ursprung noch weiter zurück: in dem Freudenfest, das nach einem Sieg über die Römer im 3. Jahrhundert gefeiert wurde.

 

Gegen die angelsächsische Herkunft spricht – trotz der Legenden von Kingston u Chester – die Tatsache, dass das Spiel in der Heimat der Angelsachsen auf d Kontinent aus dieser Zeit nicht überliefert ist und dass es in Britannien in der friil angelsächsischen Literatur nicht vorkommt, sondern vor der normannischen Ero rang nur in einer keltischen Quelle, die sich auf ein Ballspiel beziehen lässt.

 

Dagegen zeigt sich eine andere Möglichkeit des Ursprungs: Als solcher Mass fussball in den frühen Jahrhunderten auf der Insel gespielt wurde, blühte in Fra reich, vor allem in der Normandie und der Bretagne, ein ganz ähnliches Sp Vielleicht wurde der Kampf um den Ball in dieser Form von den Normannen n; England mitgebracht.

 

Das Bild ist wirklich verwickelt und kompliziert – viel komplizierter als die simp Regeln dieser Art des Spiels, sofern man von Regeln überhaupt reden konnte.

 

Gewiss erscheint nur, dass in vielen Fällen ausser dem Drang, Kraft und Geschi lichkeit auf wenn auch etwas chaotische und turbulente Weise zu zeigen, heidnis Bräuche, vor allem Fruchtbarkeitsriten, eine Rolle spielten. Der Ball stand da symbolisch für die Sonne. Er musste erobert werden, um eine gute Ernte zu sich( die so sehr von der Sonne abhing, er musste um ein Feld herum oder über ein F hinweggetrieben werden, um dem Anbau ein gutes Gedeihen zu sichern, und es g ihn gegen den Zugriff der gegnerischen Partei zu verteidigen.

 

In die gleiche Richtung deuten auch Spiele zwischen verheirateten Männern 1 Junggesellen, die sich über Jahrhunderte an einigen Orten in England erhielten, oder das berühmte Spiel zwischen den verheirateten und unverheirateten Frauen im schottischen Inveresk am Ende des 17. Jahrhunderts (bei dem die verheirateten Frauen vielleicht nach Vorschrift – regelmässig gewonnen haben sollen). Auch der Frauenfussball ist offenbar gar nicht so neu, wie oftmals angenommen wird.

 

Mögen sich die Gelehrten auch über den Ursprung des Spiels und die Einflüsse aus dem Bereich des Kultischen streiten, eines ist nicht zu widerlegen: Fussball blühte über tausend Jahre lang in den verschiedensten Vorformen gerade im Bereich, den wir als Mutterland unseres Sports bezeichnen, vor allem in England und Schottland, aber auch in Irland und Wales. Eine Kette mehr oder minder scharfer Verbote und Mahnungen beweist, wie gross die von der Obrigkeit oftmals nicht gern gesehene Fussballbegeisterung war, und zugleich, wie wenig hohe und höchste Autoritäten trotz scharfer Strafandrohungen gegen dieses Spiel ausrichten konnten, sonst hätte es der ständigen Wiederholung ihres Einschreitens nicht bedurft.

 

Bereits im Jahre 1314 sah sich der Lord Mayor von London veranlasst, ein Verbot zu erlassen, nach dem Fussball wegen des dabei üblichen allzu grossen Lärms bei Strafe der Einkerkerung nicht mehr innerhalb der Stadt gespielt werden durfte. König Eduard III, erliess 1331 eine geharnischte Verordnung, die den Fussball als öffentliches Ärgernis unterdrücken wollte, und aus der gleichen Zeit stammen ähnliche Verbote auch in Frankreich.

 

Während des Hundertjährigen Krieges zwischen England und Frankreich von 1338 bis 1453 war man bei Hofe dem Fussball ebenfalls nicht günstig gesonnen, diesmal aus anderen Überlegungen: Eduard IIL, Richard IL, Heinrich IV. und Heinrich V. stellten die Beteiligung am Fussball unter Strafe, weil dieser beliebte Zeitvertreib ihre Untertanen davon abhielt, sich in militärisch nützlicheren Fertigkeiten zu üben, insbesondere im Bogenschiessen, zumal die Bogenschützen einen besonders wichtigen und wertvollen Teil der englischen Heere bildeten.

 

Alle schottischen Könige im 15. Jahrhundert fühlten sich veranlasst, harte Mahnungen und Verbote gegen den Fussball zu richten. Besonders berühmt ist der Erlass, den das von James I. nach Perth 1424 einberufene Parlament erliess: “That na man play at the Futeball”. All das half wenig. Die Beliebtheit der Rauferei um den Ball war einfach nicht auszurotten.

 

Besonders heftig muss das Fussballfieber in der Elisabethanischen Zeit in England grassiert haben. Zur einheimischen Fussballbegeisterung kam vielleicht der Einfluss aus dem Italien der Renaissance, das im 16. und 17. Jahrhundert vor allem in Florenz, aber auch in Venedig und anderen Städten mit dem “Calcio” eine eigene Spielform kannte, sicher besser geregelt und bei den grossen Gala-Veranstaltungen der mit bunten Livreen gekleideten Mannschaften, wie sie in Florenz an bestirnt Festtagen regelmässig ausgetragen wurden, eine recht eindrucksvolle Schau. In England blieb das Spiel nach wie vor rauhbeinig und wenig elegant, aber es fand um diese Zeit einen prominenten Befürworter, der es aus anderen Gründen pries, als sie den Spielern in ihrer einfachen Freude am Getümmel um den Ball vorschwebten. Richard Mulcaster, der grosse Pädagoge, Direktor der berühmten Schulen der Merchant Taylors‘ und von St. Pauls, gewann der Sache positive erzieherische Werte ab: Er wies darauf hin, dass der Fussball Gesundheit und Stärke fördere, dass man ihn nur von den allzu grossen Rohehen säubern müsse, dass es dem Spiel dienen wurde. wenn man die Zahl der Teilnehmer in einer Mannschaft beschränkte, und dass schliesslich vor allem ein strenger Schiedsrichter benötigt wurde.

 

Bis zu dieser Zeit rührten die Widerstände gegen den Fussball vor allem aus praktischen Erwägungen her, weil man in ihm den Anlass zu Tumulten und Sachbeschädigungen sah – wie etwa 1608 in Manchester, wo ein neues Verbot damit begründet wurde, dass beim Fussball so viele Fensterscheiben zerbrochen wurden. Im Laufe des 16. Jahrhunderts aber kamen Angriffe aus anderer Richtung hinzu: Wo der Puritanismus sich ausbreitete, zog man gegen “leichtfertige” Vergnügungen zu Felde, und in diese Kategorie gehörte auch der Sport, allen voran das Fussballspiel. Vor allem wurde es als Störung der Ruhe am Sabbat empfunden. Ähnliche Angriffe richteten sich übrigens auch gegen das Theater, in dem engagierte Puritaner eine Quelle des Müssiggangs und der Laster sahen. In diese Zeit fallen die Anfänge des unterhaltungslosen englischen Sonntags, die sich in der Epoche des Commonwealth und der Puritanerherrschaft dann verfestigten. (Obwohl gerade von Oliver Cromwell selbst berichtet wird, er sei in seiner Jugend ein handfester Fussballspieler gewesen.) Fussball an Sonntagen war in Zukunft tabu und blieb es gut 300 Jahre lang, bis er zunächst inoffiziell und dann auch mit offizieller Anerkennung der Football Association wieder gespielt werden konnte, wenn auch nur in bescheidenen Ausmassen.

 

All diese Einflüsse aber konnten den Fussball auf der Insel nicht ausrotten, und wenn man noch so hart gegen ihn vorging. In Derby etwa wiederholten sich von 1731 bis 1847 die ständigen Versuche der Behörden, dem Massenfussball in den Strassen ein Ende zu bereiten, bis man schliesslich sogar die Gesetze gegen den Aufruhr in Anspruch nahm, um zum Ziele zu kommen.

 

Insgesamt gab es in der Entwicklung des Fussballspiels über Hunderte von Jahren hinweg kaum einen Fortschritt. Der Sport, 500 Jahre lang ständig verboten, war zwar nicht abzuschaffen, aber er blieb rauh, gewaltsam und ungeregelt. Erst mit dem Beginn des 19. Jahrhunderts zeichnete sich eine Wende ab: In zunehmendem Masse wurde der Fussball an den Schulen, insbesondere den berühmten “Public Schools”, heimisch, und in dieser Umgebung erfuhr er eine Erneuerung und Verfeinerung.

 

Relativ ungeregelt blieb die Sache nach wie vor, das heisst, es gab im Grunde keine Standardform des Spiels. Vielmehr betrieb jede Schule ihre eigene Version, und diese Versionen unterschieden sich zum Teil sehr erheblich voneinander. Vieles hing, abgesehen vom Festhalten an traditionellen Richtungen, von den zur Verfügung stehenden Spielplätzen ab. Wo auf steingepflasterten Schulhöfen mit Mauern gespielt werden musste, blieb kein Raum für das wüste alte Massenspiel. So erwiesen sich aufgrund besonderer Voraussetzungen die Schulen von Charterhouse und Westminster, daneben auch Eton, Harrow, Winchester und Shrewsbury, als Geburtsstätten des Spieles, bei dem es mehr auf die Geschicklichkeit beim Dribbling als auf die geballte Energie des Gedränges ankam. Auf der anderen Seite neigten Schulen wie Cheltenham und Rugby mehr zum rauheren Spiel, bei dem der Ball auch mit der Hand bewegt und sogar getragen werden durfte. Alle diese Vorformen erlebten einen besonderen Aufschwung, als man in Erzieherkreisen den Fussball nicht mehr ausschliesslich als eine Gelegenheit zum jugendlichen Toben ansah, sondern seine möglichen ei‘zieheríschen Werte anerkannte. Zunächst diente er als eine nützliche Ablenkung von anderen, weniger erwünschten Möglichkeiten des Zeitvertreibs z.B. vom Trinken und vom Glücksspiel , aber anschliessend setzte sich eine Betrachtungsweise durch, die zum “Spielkult” der “Public Schools” führte. Man sah im Mannschaftsspiel Fussball nämlich ein vorzügliches Mittel, Loyalität, Aufopferungsbereítschaft, gegenseitige Zusammenarbeit und Unterordnung unter den Mannschaftsgedanken zu fördern. Die Spiele erhielten ihre Rolle im Lehrplan zugeschrieben, und die Teilnahme am Fussball wurde zur Pflicht. Einen wesentlichen Anstoss in dieser Richtung gab Dr. Thomas Arnold, der Direktor der Schule in Rugby.

 

1846 wurden in Rugby auch die ersten Regeln für das Spiel wirklich verbindlich festgelegt. Rauh genug blieb es auch weiterhin: Es war z.B. erlaubt, mit den Füssen gegen die Beine des Gegners unterhalb des Knies zu treten, nur durfte man nicht gleichzeitig den Gegner festhalten und seine Schienbeine bearbeiten. Das Spiel mit der Hand war ebenfalls erlaubt, und seit William Webb Ellis 1823 zum Staunen der

 

eigenen Mannschaft und des Gegners einmal mit dem Ball unter dem Arm gerannt war, durfte der Ball auch mit der Hand getragen werden. Viele andere Schulen übernahmen die in Rugby entwickelten Regeln, andere wieder wehrten sich gegen diese Form des Fussballs, z.B. Eton, Harrow und Winchester, wo es nicht erlaubt war, den Ball mit der Hand zu tragen, und wo die Ballbehandlung mit dem Fuss ganz im Vordergrund stand. Auch Charterhouse und Westminster waren für das Spiel ohne den Gebrauch der Hände, aber sie kapselten sich nicht ab, wie einige der anderen Schulen, sondern wurden ihrerseits zum Ausgangspunkt für eine Ausbreitung des Spiels ihrer Version.

 

1863 schliesslich spitzte sich die Entwicklung auf eine Entscheidung zu. An der Universität Cambridge, wo man schon 1848 im Kreise ehemaliger Schüler aus verschiedenen Schulen einen Anlauf unternommen hatte, die Vielfalt der Versionen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, versuchte man erneut, eine gemeinsame Basis zu finden und Regeln festzuhalten, die für alle akzeptabel waren. Dabei sprach sich die Mehrheit gegen so muhe Sitten wie Beinstellen, Treten gegen die Schienbeine des Gegners und anderes aus, und die Mehrheit war auch dagegen, dass man mit dem Ball in der Hand laufen durfte. Die RugbyFraktion zog sich nach diesem Ergebnis zurück. Sie hätte vielleicht auf das Hacken gegen die Schienbeine verzichtet – was später auch aus den RugbyRegeln gestrichen wurde –, nicht aber auf das Handspiel und das Balltragen.

 

Das Treffen von Cambridge war ein Versuch, Ordnung in das Wirrwarr der Regeln zu bringen. Den entscheidenden Anstoss aber gab eine Serie von Zusammentreffen, die in den letzten Monaten des gleichen Jahres 1863 in London stattfanden. Elf Londoner Clubs und Schulen, die daran interessiert waren, dem Spielverkehr untereinander durch ein für alle gültiges Regelwerk die richtige Grundlage zu geben, entsandten ihre Vertreter am 26. Oktober 1863 – dem Geburtstag der Football Association – in die “Freemasons‘ Tavern”. Die ewigen Streitpunkte – Treten gegen die Schienbeine, Beinstellen, Balltragen mit der Hand – wurden bei dieser und bei einer Reihe weiterer Zusammenkünfte ausführlich diskutiert. Am B. Dezember schliesslich zogen sich beim letzten Treffen die eisernen Verfechter der RugbyVersion, die ohnehin in einer Minderheit waren, endgültig zurück. Sie wollten nicht bei einem Spiel mitmachen, bei dem weder Beinstellen noch Hacken gegen die Schienbeine erlaubt war, und bei dem der Ball nicht mit der Hand getragen werden durfte. An diesem Punkte schieden sich die Geister endgültig. Der B. Dezember 1863 war der Tag, an dem sich Fussball und Rugby voneinander trennten. Dieses Auseinanderrücken wurde sechs Jahre später noch deutlicher, als in den Fussballregeln das Handspiel generell (nicht nur das Balltragen) verboten wurde.

 

Acht Jahre nach der Gründung, 1871, gehörten dem Englischen Fussballverband bereits 50 Clubs an. In dieses Jahr fällt auch die Entstehung des ersten organisierten Fussballwettbewerbs der Welt: des englischen Pokals, der damit um 17 Jahre früher geboren wurde als die Ligameisterschaft.

 

Während auf dem Kontinent und in anderen Teilen der Welt von organisertem Fussball noch kaum die Rede war, wurden in Grossbritannien bereits Länderspiele ausgetragen, das erste zwischen England und Schottland 1872. Und mit dem Aufschwung des organisierten Fussballs und mit schon erstaunlich hohen Zuschauerzahlen stellten sich auch die Probleme ein, mit denen andere Länder erst viel später zu tun bekamen: so etwa die Frage des Professionalismus. Die ersten Hinweise in dieser Richtung ergaben sich bereits 1879, als ein kleiner Club aus Lancashire, Darwen, im Pokal zweimal ein sensationelles Unentschieden gegen die für unschlagbar gehaltenen Old Etonians erreichte, ehe die berühmten Londoner Amateure im dritten Anlauf siegreich blieben. Zwei Spieler der Mannschaft Darwens, die beiden Schotten John Love und Fergus Suter, sollen die ersten gewesen sein, die für ihre Fussballkünste Geld erhielten. Solche Fälle mehrten sich, und bereits 1885 sah sich die Football Association genötigt, den Professionalismus amtlich zu legalisieren. Das war genau vier Jahre, ehe die ersten FussballNationalverbände im ausserbritischen Bereich, nämlich in den Niederlanden und in Dänemark, gegründet wurden.

 

Auf die Football Association in England folgten als älteste Fussballverbände der Welt der Schottische FussballVerband (1873), der FussballVerband von Wales (1875) und der Irische FussballVerband in Belfast (1880). Als das erste Länderspiel in der Fussballgeschichte ausgetragen wurde, hatten die Engländer streng genommen überhaupt noch keinen Partnerverband, mit dem sie hätten spielen können. Schottland und England trafen am 30. November 1872 in Glasgow aufeinander, als es einen Schottischen FussballVerband noch nicht gab, der erst gut drei Monate später gegründet wurde. Gegen England spielte einfach die Clubmannschaft des ältesten schottischen Vereins, des Queen‘s Park FC.

 

Ausserhalb Grossbritanniens breitete sich der Fussball, vor allem durch den britischen Einfluss, zunächst langsam und dann immer rascher in aller Welt aus. Auf die Verbandsgründungen in den Niederlanden und in Dänemark (1889) folgten die ersten Zusammenschlüsse in Neuseeland (1891), Argentinien (1893), Chile (1895), in der Schweiz und Belgien (beide 1895), Italien (1898), Deutschland und Uruguay (beide 1900), Ungarn (1901), Norwegen (1902), Schweden (1904), Spanien (1905), Paraguay (1906) und Finnland (1907). Als die FIFA im Mai 1904 in Paris gegründet wurde, standen sieben Länder mit ihren Vertretern Pate: Frankreich, Belgien, Dänemark, die Niederlande, Spanien (vertreten durch den Madrid FC), Schweden und die Schweiz. Der Deutsche FussballBund erklärte am gleichen Tage telegrafisch seinen Beitritt.

 

Anschliessend wuchs die internationale Fussballgemeinde stetig, wenn auch nicht ohne Hemmnisse und zeitweilige Rückschläge. 1912 gehörten der “Fédération Internationale de Football Association” bereits 21 Verbände an, 1925 waren es 36. 1930 – im Jahr der ersten FussballWeltmeisterschaft – 41, 1938 51, und 1950, als nach kriegsbedingter Unterbrechung zum drittenmal um einen Weltmeistertitel gekämpft wurde, 73. Heute zählt die FIFA 146 Mitgliedsverbände in allen Erdteilen. In ihnen sind rund 300 000 Clubs zusammengeschlossen – über 200 000 davon allein in Europa –, spielen rund 680 000 Mannschaften mit gut 22 Millionen regelmässig am Spielbetrieb beteiligten Aktiven.